Ein Bild, viele Gesichter
„Ich mach mir die Welt widde widde wie sie mir gefällt.“ Das bekannte Motto Pippi Langstrumpfs könnte auch der Slogan von PiktID sein. Mithilfe von künstlicher Intelligenz (KI) verwandelt das junge Start-up Gesichter auf Fotos von Menschen in solche, die es in der Welt da draußen gar nicht gibt. Gemeinsam mit ihren zwei italienischen Gründerkollegen Davide Righini und Nunzio Alexandro Letizia hat die österreichische IT-lerin und Post-Doktorandin Jennifer Simonjan ein Web-Tool entwickelt, das Personen auf Bildern anonymisiert und ihnen per Algorithmus ein neues Gesicht verpasst.
Wir haben getestet. Vielleicht ist es ja interessant für unsere Kunden, für Sie? Der Vorgang ist für neue Nutzerinnen und Nutzer so einfach wie faszinierend: Sie laden ein Bild ins Web-Tool hoch, künstliche Intelligenz-Algorithmen erkennen die Gesichter darauf und sie können entscheiden, welche markierten Gesichter sie anonymisieren möchten. Ein zweiter komplexer Algorithmus generiert ein neues Gesicht, das es nicht gibt, und ersetzt es im Originalbild. Anschließend können die User mit Slidern Gesichtsmerkmale auf die eigenen Bedürfnisse anpassen: vom Lächeln über eine neue Brille hin zum ethnischen Erscheinungsbild.
Was zunächst als Idee der Generierung künstlicher Gesichter zum Schutz der Privatsphäre angedacht war, hat sich mittlerweile um den Aspekt der Bildeditierung für Marketingzwecke erweitert. „Unser erster Pilotkunde ist eine Firma für professionelle Bildmontage und -retusche“, erzählt Gründerin Jennifer Simonjan. „Printmagazine haben ebenfalls schon angefragt, da sie einige Fotos ohne Anonymisierung aus Datenschutzgründen nicht drucken könnten.“
Wir schnappen uns also ein Porträt unseres Bildbeschaffers Alex Karst und laden es in die Beta-Version von PiktID:
Wir wählen das Gesicht aus (bei mehreren Gesichtern können entsprechend mehrere markiert werden), klicken auf „New“ und warten gespannt, was uns präsentiert wird.
Das Ergebnis: Ein uns fremdes Gesicht mit leicht verändertem Brillengestell bei gleicher Kleidung und Hintergrund. Die Ausleuchtung ist perfekt, allein am Haaransatz hapert es noch, das Tool befindet sich aber ja noch in der Testversion. Eine Sonnenbrille können wir unserem Bildbeschaffer trotz eines dafür vorgesehenen Sliders noch nicht verpassen und auch die weibliche Version von ihm befindet sich noch in der Entwicklung. Dafür können wir aber schon mal stöbern, was da so kommen wird: Von der Größe einzelner Gesichtspartien über Make-up hin zu Hautfarbe und Geschlecht – es gibt diverse angedachte Transformationsfaktoren.
Wer im Arbeitsalltag mit Bildern zu tun hat, stößt über kurz oder lang auf teils knifflige Situationen oder Fragestellungen in Sachen Persönlichkeitsrechte und ungeklärte Model Releases. Hier also kommt PiktID zum Einsatz. Die per komplexem Algorithmus veränderten Porträts schützen die Persönlichkeit des ursprünglichen Models, ohne dass Gesichter ausgeblurrt oder mit einem schwarzen Balken versehen werden müssen. Die ursprünglichen Gesichter lassen sich nach der Anonymisierung laut PiktID von keiner Gesichtserkennungssoftware mehr identifizieren. Da für künstlich generierte Gesichter keine Persönlichkeitsrechte geklärt werden müssen, lassen sich die Porträts ohne Model Release nutzen und an Dritte weitergeben. Das funktioniert auch für Bilder mit vielen Menschen, bei denen die Persönlichkeitsrechte gewahrt werden sollen.
Berechtigter Einwand: Wie authentisch ist unsere Bildwelt noch? Was macht es mit unserer Auffassung von Schönheit? Was ist überhaupt noch echt? Fragen, die schon in den 90er-Jahren rund um neue Programme wie Photoshop und Co. rege diskutiert werden, bleiben weiterhin aktuell. Klar ist: Es gibt eine Grenze und die ist zwischen einem illustrativen Motiv und einem dokumentarischen Pressefoto gezogen. Rechtlich jedenfalls tauchen neue Fragen auf. Wir bleiben für Sie wie immer am Ball, beobachten, wie die Features an Kundenbedürfnisse angepasst werden, begutachten die geplante mobile Version und halten Sie auf dem Laufenden. Im Zweifel in unseren Webinaren.
Apropos Bilder mit vielen Menschen: Typisch für Gruppenporträts ist, dass irgendjemand im entscheidenden Moment die Augen geschlossen hat, ein anderer lächelt zu spät. Der Algorithmus von PiktID soll’s richten. Und mit dem Stichwort Diversität hat sich das Gründer-Trio auch beschäftigt. So lässt sich das Shooting-Gesicht einer nationalen Werbekampagne im internationalen Werbemarkt auf Zielgruppen anpassen: ob dunkelhaariger, größer, weiblicher oder asiatischer – PiktID möchte langfristig auf dem KI-generierten Werbemarkt mitmischen.
Noch handelt es sich um die Beta-Version. Dennoch: Wenn Sie möchten, machen wir das für Sie. Wie könnte dieses Tool in Ihren Arbeitsprozessen aktiv werden? Schicken Sie uns einfach ein Briefing oder lassen Sie uns sprechen.
Und die Moral von der Geschicht‘? Dieses Gesicht gibt es nicht.
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