Bilder für Handelspartner
Werfen wir einen Blick in eine typische zeitgenössische Fußgängerzone: Dort, wo früher ein Plattenladen heiß begehrte Vinyl-Cover ausgestellt hat, befindet sich heute vielleicht ein Studio für Hörgeräte. Der Laden ist ein eigenständiges Unternehmen mit der Schaufenster-Deko gleich mehrerer Hersteller. Auch in den Auslagen der Läden links und rechts des Studios sind verschiedene Hersteller mit ihren Produkten vertreten. Nehmen wir an, dass nebenan eine Generalagentur die Policen eines einzigen Versicherers anbietet. Und weiter vorn an der Ecke bewirbt ein exklusiver Büromöbel-Händler das Thema „Ergonomie am Arbeitsplatz" mit einer selbst produzierten Broschüre. Soweit der erste, „analoge" Rundblick.
Werfen wir einen zweiten, diesmal „digitalen" Blick auf die Internetseiten der Geschäfte: Online wird das Schaufenster in erster Linie durch Bilder der Hersteller ersetzt. Dass ein Product Shot des Bürostuhls ohne Stock-Material auskommt, ist klar. Der Versicherungsagent dagegen ist schon eher auf Bilder angewiesen, die das trockene Thema Finanzen mit Emotionen aufladen. Und da bietet es sich natürlich an, dass der Versicherer seine Kampagnen-Motive aus dem Schaufenster oder aus der Werbung für seine Vertriebler adaptiert und für deren Website ausliefert. Viele Unternehmen greifen in diesem Fall auf Stock-Material zu. Und falls ein Hörgeräte-Hersteller einen Online-Hörtest produziert und ihn als Microsite an seine Händler ausrollt, so könnte der Test auch mit Bildern untermalt werden – Stockmaterial inklusive.
Jeder, der die Abkürzung WKZ kennt, weiß: Schon immer mussten Händler Werbematerial von den Herstellern bekommen. Das Urheberrecht stellt da aber erst einmal eine schwierige Hürde auf. Die Logik dahinter: Der Lizenznehmer lizensiert ein Bild, um es zu nutzen. Mit der normalen Nutzungslizenz darf der Nutzer das Bild zeigen – in der Werbung, online oder in gedruckter Form –, die Weitergabe der Bilder online an seine Händler ist jedoch mehr als eine reine Nutzung. Der Urheberrechtler sagt, dass das „einfache" Nutzungsrecht es nicht erlaubt, anderen – also seinen Händlern – die Nutzung zu bewilligen. Das Recht zur Weitergabe der Nutzungsrechte an Dritte muss sich der Bildnutzer also zusätzlich sichern.
Jetzt sind ja Bildagenturen in der Pflicht und in der Lage, auf den Bedarf des Kunden einzugehen. Sprich: Da muss es doch eine Lösung geben! Die Microstock-Agenturen bieten erweiterte Lizenzen an. Ist die Weitergabe an Dritte da enthalten? Und wenn die Weitergabe der Original-Dateien der Bilder ganz sicher verboten ist, ist dann eine bearbeitete Variante möglich? Diese Fragen werden uns oft gestellt. Und wie Sie sicher erraten können: Es gibt kein Schwarzweiß – sondern viele Grautöne. Versuchen wir es dennoch und schauen wir uns das Thema aus drei Perspektiven an:
1. Das Bild
Wird das Bild weitergegeben oder das komplette Layout? Besteht das Werk aus vielen einzelnen Bildern oder ist es das Stockbild eines Wohnzimmers, in das „meine" Musikanlage einmontiert wird? Ist das Bild mit Logo, Text und weiteren Elementen versehen, sodass der Händler es auch tatsächlich lediglich für die Bewerbung dieses einen, ganz bestimmten Produkts einsetzen kann? Einige Bildagenturen wie Shutterstock oder Adobe Stock sehen dieses "abgeleitete" Werk als etwas Neues an, das weitergegeben werden darf - im Gegensatz zur Original-Datei.
2. Der Zusammenhang
Allen Bildagenturen ist wichtig, dass der Hersteller (Lizenznehmer) ganz klar auch der Absender der „Werbebotschaft" ist und dass das Bild nur im Zusammenhang mit dem Produkt bzw. Hersteller einsetzbar ist. Ob Sie dem Händler eine offene InDesign-Datei mit den Original-Bildern im Koffer übergeben oder ein druckfertiges PDF, kann die Bildagentur nicht wissen. Wichtig ist ihr aber, dass die Händler die Bilder nur für ihren Einsatzzweck nutzen – und nicht für eigene Stories oder weiterführende Themen. Der Parkett-Verleger soll mit einem Hersteller-Bild keine Geschichte über die Vorteile von echtem Parkett bebildern, sondern die Sorten dieses Parkett-Herstellers bewerben. Das kann der Hersteller auf jeden Fall im sogenannten Waschzettel auch definieren: Wer oft Materialien für seine Händler herstellt, sollte grundsätzlich ja auch Nutzungshinweise und -einschränkungen beilegen, im Zweifel in die Metadaten (Datei-Informationen) der Bilder und Dateien. Falls der Händler dann doch seine Elegien über Holzböden mit Produktfotos bebildert, ist der Hersteller zumindest fein raus.
3. Der Händler
Von der Niederlassung über den Franchise-Nehmer und die General-Agentur bis hin zum Händler mit eigenem Namen – es gibt viele Arten der Handelsbeziehungen. Wichtig für die Bildagenturen ist der Unterschied zwischen Unternehmen, Konzern und unabhängigen Partnern, also sozusagen die juristische, gesellschaftsmäßige Entfernung zwischen beiden. Die Microstock-Plattform istock, die zu Getty Images gehört, bietet zum Beispiel keine Lizenz für Händler-Werbung an.
Die Juristen bei Getty gehen hier noch tiefer ins Detail: Oft werden die Hersteller-Bilder vom Händler ja auf möglichst vielen Kanälen verbreitet – also auch im Bereich Social Media. Oder die Produktseiten werden für das Teilen auf Facebook und Co angeboten. Getty betont, dass die istock- und Getty RF-Bilder bei Facebook mit einem Absender versehen werden sollten – also mit dem Firmen- bzw. Produktnamen oder dem entsprechenden Logo. Diese Forderung ergibt Sinn: Das Ganze soll ja auch auf die Marke einzahlen, also sollten die Bilder bei Facebook ohnehin „gebrandet" sein. Und sowohl für den Hersteller als auch für die Bildagentur dient es als Schutz, dass die Layouts des Herstellers nicht noch nachträglich vom Händler bearbeitet werden dürfen (kleine Korrekturen sind damit natürlich nicht gemeint). Adobe Stock genügt hier die Bearbeitung: Sobald das Bild als Herstellerbild erkennbar ist, darf es auch ohne Namensnennung sowohl dem Händler übermittelt werden als auch auf Facebook eingestellt werden – und das sogar mit der Standard-Lizenz. Wichtig: Das Bild soll zur Bewerbung des Produkts gezeigt werden und nicht im Rahmen einer willensfreien Homestory. Mit der erweiterten Lizenz darf das Adobe Bild sogar unbearbeitet weitergegeben werden – auch an die Presse und für das Bewerben von Merchandise-Artikeln, natürlich immer mit entsprechendem Waschzettel. Shutterstock lässt das alles mit den klassischen, personenbezogenen Abos und Lizenzen für Einzelpersonen nicht zu, die auf der regulären Website angeboten werden. Die Media- und Premier-Lizenzen für Unternehmen sollten es schon sein. Und Getty bietet für die istock-Bilder die Getty RF-Lizenz an, gegebenenfalls mit zusätzlicher Konzern- und Datenbank-Lizenz.
Natürlich gibt es noch viele andere Bildquellen. Diese hier zu erwähnen könnte Leser wie Schreiber jedoch überstrapazieren. Das Prüfen von Themen wie diesem übernehmen wir auch gern maßgeschneidert für Ihre Anforderungen und Projekte. Falls nötig, ziehen wir Fachjuristen hinzu, denn wir Bildbeschaffer sind ja die Praktiker, die wissen, wo Ihre Bilder sind.
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