Vielfalt in der Bildsprache
Weg von Stereotypen, hin zu mehr Diversität: Unternehmen und Kreativschaffende achten in ihrer Arbeit vermehrt auf eine differenzierte Bildsprache – oder? Eine Gratwanderung zwischen hippem Trend und authentischer Vielfalt.
Bleiben wir zunächst ganz nah dran – an einem Ort, an dem die fleißigen Wichtelinnen und Wichtel aka Kundenbetreuer täglich Bilderwünsche erfüllen –, nämlich direkt im eigenen Hause, bei uns Bildbeschaffern. Was haben wir im Bereich Diversität in der Bildsprache in den vergangenen Jahren erlebt? „Insbesondere in den letzten beiden Jahren hat sich auf diesem Gebiet sehr viel getan“, weiß unsere Kundenbetreuerin Tanja Wulf zu berichten. „Die abgebildeten Personen werden vielfältiger dargestellt: sei es bezogen auf ihre Figur, ihre Hautfarbe oder Nationalität oder auch hinsichtlich sichtbarer Einschränkungen oder Behinderungen. In den letzten Monaten ist mir außerdem aufgefallen, dass bei Fotos von Familien immer mehr Patchwork und auch gleichgeschlechtliche Partnerschaften abgebildet werden.“ Tanja erkennt den Trend besonders bei den Fotoagenturen. Aktuelle Themen der Gesellschaft wie beispielsweise LGBTQ+ tauchen mittlerweile als wesentlicher Bestandteil in der Bildsprache auf und machen diese damit nicht nur bunter, sondern auch authentischer. Allerdings, und auch das sei laut unserer Kundenbetreuerin gerade in letzter Zeit auffällig, wirken viele der Bilder nach wie vor stark inszeniert und die Anfragen vieler Kunden lösen sich häufig nicht von der üblichen Stockbild-Anmutung. „Derjenige unter unseren Kunden, der Diversität schon lange in seiner Bildsprache integriert hat, war und ist Evonik.“
Diversity als Selbstverständlichkeit
Schon vor mehreren Jahren shootete Evonik Industries klassische Business-Bilder an ihrem Campus. Das Team wurde damals so zusammengestellt, dass es international funktionierte: auf ethnische Diversität wurde ebenso geachtet wie auf die des Geschlechts und des Alters. Kein Wunder, bei mehr als 30.000 Mitarbeitenden in mehr als 100 Ländern.
Werfen wir einen Blick auf die Website unseres langjährigen Kunden. Schon auf der Startseite der Unternehmensseite zeigen sich die Bemühungen, Geschlechtergerechtigkeit möglichst nicht nur zu leben, sondern auch auf visueller Ebene darzustellen. Unter der Headline „Gesichter des Wandels“ zeigt das Unternehmen eine historische Fotostrecke über Frauen als Pioniere im Konzern. Und auch im Magazin „Elements“ finden sich in der Rubrik „Menschen und Visionen“ in den einzelnen Artikel derzeit mehr Fotos von Frauen als von Männern. Ein Zufall?
Christoph Bauer ist bei Evonik Industries für die externe Kommunikation zuständig und gerade mit Elan dabei, ein neues Media-Asset-Management-System in der Unternehmenskommunikation zu integrieren. „Vielfalt ist in der Unternehmensphilosophie ein zentraler Punkt“, zeigt sich Bauer erfreut, „unsere Fotografen achten natürlich darauf und auch wenn wir einen Newsletter oder das Magazin bestücken, versuchen wir uns an einem ausgewogenen Verhältnis von Frauen und Männern und wollen insgesamt mehr Diversität bei den abgebildeten Personen zeigen.“
Das ist ihnen auch in ihrem Clip „Wir sind Evonik“ gelungen, in dem Fotos von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gezeigt werden, darunter Frauen und Männer, Menschen unterschiedlicher Hautfarbe, Menschen mit und ohne Behinderung. Am Ende schließt das kurze Video mit dem Slogan: „Machen Sie mit und bekennen Sie sich zu Vielfalt und Weltoffenheit“.
Anders als viele Werbekampagnen, die gerade vielerorts als Trittbrettfahrer auf den Zug der hippen, diversen Bildsprache aufspringen, ist Evonik kein bloßer Mitläufer. Der querschnittsgelähmte Mitarbeiter im Rollstuhl wird nicht etwa nur abgebildet, weil er eine Behinderung hat, sondern weil er als Talent Manager eine wichtige Funktion im Unternehmen hat. „Er gehört ganz selbstverständlich zu Evonik und ebenso selbstverständlich wie er im Unternehmen präsent ist zeigen wir ihn auch in der Unternehmenskommunikation“, so Bauer. „Wir planen nicht nach Diversity, denken sie aber immer mit. Wer könnte im Magazin Elements die Protagonistin der Geschichte sein? Wir wollen ja auch Mitarbeiterinnen gewinnen und signalisieren: Du kannst sein, wer du willst, bei uns haben alle einen Platz. Auch schon deshalb wollen wir nicht nur Männer mit Helmen zeigen, sondern gern auch mehr Frauen in Führungspositionen abbilden.“
Vielfalt in Bildern erzählen
Florian Müller vom Bundesverband Freie Fotografen und Filmgestalter (BFF) hat sich vor Kurzem in seinem Verband zum Thema Diversität umgehört. „Themen wie Inklusion von Menschen mit Behinderung, ein höherer Fotografinnenanteil in der Werbefotografie oder auch ethnische Inklusion sind in aller Munde“, so sein Fazit, „Natürlich ist dieser gesellschaftliche Wandel ein noch junger Prozess. Mein Kollege J. Konrad Schmidt hat mir bestätigt, dass das Bild vom Menschen in der Werbung heutzutage möglichst super divers sein soll. Intern schauen wir beim BFF mittlerweile auch viel sensibler auf No-Gos und geben einzelnen Mitgliedern schon mal den Hinweis, ein Video anders zu schneiden, damit es kein Stereotyp bedient. Ein paar meiner Kolleginnen und Kollegen sagen aber auch, dass man darauf schauen müsse, dass es nicht nach hinten losgeht. Wenn ein Unternehmen plötzlich überall die Regenbogenflagge zeigt, sich inhaltlich aber eigentlich einen Dreck um Diversität schert, dann ist es geheuchelt und nicht viel mehr als ein Trittbrett, auf das man aufspringt.“
Um Authentizität und echte Vielfalt geht es auch den Fotografinnen vom Female Photo Club. Sie stellen sich gegen hippe Heucheleien und setzen sich mit ihrer Art der Fotografie für mehr Geschlechtergerechtigkeit und Diversität in vielerlei Hinsicht ein. Und die aufmerksame Leserschaft unseres Newsletters erinnert sich vielleicht an die schwedische Agentur Johnér, bei denen Kategorien wie LGBTGIA+, Environmentalists und Ability Diversity in einer erfrischenden Selbstverständlichkeit unter den Top-Suchkategorien auftauchen.
Last but not least fragen wir Michaela Koch, Bildbeschafferin der ersten Stunde. Auch sie kann klar erkennen, dass beispielsweise Menschen mit Behinderung unaufgeregter und mit einer größeren Selbstverständlichkeit fotografiert werden. „Gerade auch die Agentur Westend61 versteht es, Prothesen, Rollstühle etc. in einer Alltagsituation zu zeigen, ohne den Menschen zu einem Opfer zu machen. Und auch unser Kunde AIDA nutzt ein Bild von Getty, bei dem der Mensch im Vordergrund steht und nicht die Behinderung.
Bleiben wir also am Ball und erzählen wir Vielfalt in Bildern!
Ihre Bildbeschaffer
Autorin: jk
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