Exklusivität vs. Market Freeze

 
Dienstag, 14.09.2021

In den letzten beiden Jahren ist viel passiert auf dem Markt der Bildagenturen. Schauen wir allein auf Getty Images: Anfang des Jahres hat der US-amerikanische Riese die Bildagentur Unsplash übernommen. Und erinnern Sie sich noch an die Meldung aus dem Herbst 2019, als Getty sich vom Rights-Managed-Lizenzmodell verabschiedete, um kurz darauf die Market-Freeze-Option für Royalty-free-Bilder einzuführen? „Teure Kundenverarschung?“, fragte der Blogger Robert Kneschke, und weiter: „Wie kann Getty Images ‚Exklusivität‘ für RF-Bilder garantieren, die gar nicht exklusiv sind?“ Seine Antwort: Gar nicht. Und tatsächlich ist der Begriff der Exklusivität an dieser Stelle irreführend: Getty Images nimmt also nach einem sogenannten Market Freeze die Bilder von der eigenen Website. Viele Bilder bei Getty stammen allerdings von Anbietern wie EyeEm, Westend61, ImageSource oder Maskot, die auch über weitere Vertriebs-Agenturen wie Mauritius Images, Alamy oder sogar AdobeStock (dort als Premium) angeboten - und dann auch zurückgezogen werden müssen. Doch was genau bedeutet eigentlich Market Freeze? Was verbirgt sich hinter RM und RF und warum ist das lizenzpflichtige Modell vielleicht heutzutage in vielen Situationen nicht mehr zeitgemäß bzw. wenig praktikabel?

RM, RF, Market Freeze: Kleines ABC der Lizenzen

Rights Managed (RM)

Das klassische, lizenzpflichtige Modell, mit dem mal alles angefangen hat. Bilder, die RM eingekauft werden, werden für einen bestimmten Zweck lizenziert, wobei sich der Preis an Aspekten wie beispielsweise der Auflage, der Nutzungsdauer, des Lizenzgebietes (lokal, national, weltweit), der Abbildungsgröße und der Nutzungsart (redaktionell oder werblich, Print, Online, Social Media) orientiert. Eine exklusive Nutzung kann in der Regel zu einem (nicht selten stolzen) Aufpreis angefragt und entsprechend lizenziert werden. Kurzum: Je höher die Sichtbarkeit eines Bildes und je höher die Exklusivität, desto höher auch der Preis. Die Nutzung von lizenzpflichtigen Bildern ist streng geregelt. Dafür gibt es qualitativ hochwertiges und bei Bedarf exklusives Material. Medien, die das Bild nur einmalig nutzen wollen, z.B. in einem Magazin plus auf der Website und im dazugehörigen e-Paper, können mit RM gute Rahmenkonditionen erhalten. Pressefotos sind in der Regel nach wie vor nur RM zu beziehen – für eine festgelegte Dauer und in der Regel mit dem Hinweis „zur einmaligen redaktionellen Berichterstattung“.

Royalty Free (RF)

Mit Einführung dieser Nutzungsart änderte sich der Markt der Bildagenturen. Das vereinfachte Lizenzmodell machte eine einmalige Pauschale für die Bildnutzung möglich – in der Regel zeitlich und räumlich unbegrenzt, zumindest bei der Nutzung innerhalb des Unternehmens. Immerhin wird heute oft nicht nur ein Bild für einen ganz bestimmte Einzelplatzierung gebraucht, sondern für eine umfassende Kampagne: Motion Film, 360-Grad-Kommunikation und Social Media inklusive. Das Stichwort „lizenzfrei“ aber – und man kann es nicht oft genug betonen – ist nicht gleichzusetzen mit dem Begriff kostenlos!

Market Freeze

Zunächst einmal vorweg: Getty ist natürlich nicht allein und der Market Freeze keine neue Erfindung. Westend61 hat‘s, Stocksy und auch bei Adobe Stock oder Shutterstock ist die Option zu haben. Getty Images führte die Option ein, kurz nachdem sie die RM-Option abgeschafft hatten, die nach eigenen Angaben ohnehin nur unter 10 Prozent des Bildangebots ausmachte. Market Freeze bedeutet, dass sich der Bildkäufer einzelne Bilder (oder eine Bildserie) sperren lassen und sie damit ab dem Zeitpunkt des Einkaufs vom Markt nehmen kann. Eine Exklusivitätssicherung durch die Hintertür?

Wie sicher ist Exklusivität?

„Ab dem Zeitpunkt des Einkaufs“, hier wird immer mal wieder Kritik laut: Damit wird zwar in die Zukunft geschaut, nicht aber auf die Verkaufs- und Nutzungshistorie der Bilder. Exklusivität wäre an dieser Stelle wie eingangs bereits erwähnt ein irreführender Begriff. Und doch gibt es auch hier unterschiedliche Stimmen. Als Praktiker ließe sich an dieser Stelle anführen: Die Gebrauchshistorie des Bildes, das man sich exklusiv sichern möchte, lässt sich durch die Google-Bildersuche zumindest im Internet schnell und einfach selber recherchieren – und auch Agenturen wie Westend61 bieten die Bildverkaufsrecherche zumindest innerhalb der eigenen Agentur an. Vielen Abnehmern genügt es, das Bild à la Market Freeze für künftige anderweitige Bildnutzungen zu sperren, wenn es in der Vergangenheit von der direkten Konkurrenz ohnehin noch nicht genutzt wurde.

Eine hundertprozentige Sicherheit aber ist bei der Market-Freeze-Option beim RF-Modell nicht gegeben. Der Vorteil der Agenturen, die rein mit dem RM-Lizenzmodell arbeiten, liegt also weiterhin auf der Hand: laif, Trunk Archive und Co., die nur exzellentes Material weitergeben, sind zwar dementsprechend teurer, dafür arbeiten sie auf exklusivem Niveau, sprich: wer ein Bild kauft, weiß ganz genau, wann es bereits an welcher Stelle genutzt wurde oder noch genutzt wird. Hinzu kommt, dass bisherige Nutzungen klarer und offener kommuniziert werden als es die Google-Bildersuche könnte.

Klar ist aber auch – und das wird in der aktuellen Diskussion oft vergessen: Es sind ganz unterschiedliche Märkte, die hier bedient werden. Jedes Lizenzmodell hat seine Daseinsberechtigung und ist für den jeweiligen Bedarf unterschiedlicher Abnehmer zugeschnitten.

Wenn Sie Fragen haben, beispielsweise dazu, welches Lizenzmodell in Ihrem ganz speziellen Fall angebracht ist, welche Agenturen für Ihre Belange infrage kommen und wie Sie sich bei einem Bildeinkauf die Exklusivität sichern können, die Sie für Ihr Projekt brauchen, scheuen Sie sich nicht und lernen Sie uns kennen.


Veröffentlicht am Dienstag, 14.09.2021 13:09
Kategorien: Thema des Monats Lizenzfrei Bildagenturen Lizenzmodelle Lizenzpflichtig

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